Runde 3: "Medien als vierte Gewalt in wessen Diensten?"

Thema

"Medien als vierte Gewalt in wessen Diensten?"

Öffentliche und private Medien, Rundfunk, Presse und Social Media, spielen eine zentrale Rolle für die Meinungsbildung in unserer Gesellschaft. Die Runde diskutiert u.a. die aktuelle Lage der Medien, ihre Rolle und was zu verändern wäre.

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Runde 3: "Medien als 4. Gewalt in wessen Diensten?" auf Odysee

Transkript

01 (00:25) - Uwe Alschner:

Wunderbar! Ich freue mich auf die 3. Runde dieses runden Tisches, bei dem leider erneut einige Eingeladene nicht kommen konnten oder nicht kommen wollten oder nicht geantwortet haben. Was sehr schade ist. Denn dieses Thema ist ein - Alle Themen sind zentral. - aber dieses Thema ist eines der ganz zentralen Themen. Und es heißt auf dem Programmblatt: "Die vierte Gewalt in wessen Diensten?" Insofern ist es etwas, was auch da schon Kontroverse vielleicht sogar schon angelegt hat. Aber wir schauen, dass wir die hier irgendwie abbilden können.

Wir, das sind in diesem Fall [...]:

  • Tilo Gräser, Redaktionsleiter des Magazins Vierte Gewalt [...]
  • Hendrik Sodenkamp, Herausgeber einer der größten Wochenzeitungen Deutschlands [...] Demokratische Widerstand
    [...]

Herzlich Willkommen!
[...] Ich weiß, dass Olaf Sundermeyer vom RBB nicht geantwortet hat. [...] Die anderen sind eben auch schon erwähnt worden, vom Tagesspeigelt teilweise. Ich will jetzt gar nicht sagen, was früher der Tagesspiegel für mich bedeutete. Aber das sind tatsächlich sehr traurige Entwicklungen. Ich schlage vor, dass wir in diese Debatte mit einem kleinen Statement einsteigen, vielleicht auch schon mit einer ersten Anlage einer Antwort auf die Frage "In wessen Diensten?"
[...]


02 (03:30) - Tilo Gräser:

[...] Schönen guten Tag. Ich freue mich, dass relativ viele Menschen zu dieser Veranstaltung gekommen sind. Ich freue mich auch über den Kollegen vom Demokratischen Widerstand. Ja, schade, dass die anderen Kollegen nicht da sind. Aber das ist nur ein Zeichen dessen, dass die etablierten Medien versagen in dieser gesellschaftlichen situation, die wir haben.

Ich will etwas Kontroverse vielleicht gleich reinbringen. Und zwar sage ich, dass es unabhängigen Journalismus nicht gibt, dass es nur die Vorstellung davon gibt, weil Journalismus, Medien immer abhängig sind von Ökonomie und von dem ideellen Teil, den Journalismus ausmacht. Medienbetriebe der verschiedensten Art zählen zu den Tendenzbetrieben, so dass dort auch arbeitsrechtlich Dinge nicht ganz so greifen wie in normalen Unternehmen. Das gilt auch für Kirchen, für soziale Vereine, auch für Parteien, genauso für Medienbetriebe, weil sie Tendenzbetriebe sind. Und wenn dort ein Journalist nicht mehr die herrschende Linie, die der Herausgeber vorgibt, kan er unter Umgehung des eigentlich üblichen Arbeitsrechtes schneller entlassen werden, als es sonst üblich ist.

Zum anderen will ich sagen, "die vierte Gewalt" ist ein theoretisches Konstrukt, um die Rolle der Medien in der Gesellschaft beschreiben zu können. Ich habe Journalistik studiert und habe auch als Journalist gearbeitet. Meine Erfahrung und das Wissen, was ich mir im Laufe der Zeit angeeignet habe zeigt, dass dieses Konstrukt eine gute Vorstellung ist, aber nicht real ist und nicht sein kann.

Was Medien leisten können, sind die kritische Kontrollfunktion, Aufklärung, die Information mündiger Bürger mit offenem Ausgang. Also den Bürgern Informationen über gesellschaftliche Ereignisse zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe sie sich dann ein eigenes Bild, eine eigene Meinung machen können und dann in der Folge, so wie wir es auch erleben, so wie diese Bewegung es ja auch tut, sich einbringen können in die gesellschaftlichen Prozesse.

Medien, bzw. deren Führungsorgane, deren Führungsgremien sind zu sehr verquickt mit den Machteliten. Das ist der Zustand des etablierten Mediensystems. Der Journalist und Kommunikationswissenschaftler Uwe Krüger hat es in mehreren Büchern beschrieben. Er hat das vor allem auf die Auslandsjournalisten, die außenpolitischen Journalisten bezogen. Aber das, was er dort beschrieben hat in seinen beiden Büchern, gilt genauso für innenpolitische Themen, gilt genauso für das, was wir erleben in Sachen Pandemie. Es gibt einfach eine enge Verquickung der Führungsgremien zwischen Politik, zwischen Medien, zwischen Macht und Medien.

Und ein Problem ist natürlich - vorhin hatte ich mit meinem Kollegen vom Demokratischen Widerstand auch kurz drüber gesprochen - Wie organisieren sich Medien? Medien müssen sich und sind privatwirtschaftlich organisiert, sind privatwirtschaftliche Unternehmen. Und das spielt auch wieder eine Rolle.

Und dann will ich noch ein Zitat bringen von jemandem, der das 1965 gesagt hat. Ein Publizist, Paul Seete, der schrieb in einem Leserbrief an den Spiegel damals:

Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Frei ist, wer reich ist. Das Verhängnis besteht darin, dass die Besitzer der Zeitungen den Redakteuren immer weniger Freiheit lassen, dass sie ihnen immer mehr ihren Willen aufzwingen.

Das sind Prozesse, die hat der vor 57 Jahren aufgeschrieben. Das hat sich verstetigt. Das hat sich weiter gezeigt, die Monopolisierung, die Konzentration im Medienbereich. Das führt alles dazu, dass die Medien nicht das sind, was sie sein könnten, nämlich so etwas wie eine vierte Gewalt in der Gesellschaft, die die anderen Gewalten Exekutive, Legislative, Judikative kontrollierend begleitet.

Das soll für den Einstieg reichen.


02 (07:37) - Hendrik Sodenkamp:

Ja, hallo. Auch ich bin sehr dankbar, dass ich hierher kommen kann, dass ich auch mal den Kollegen Tilo Gräser einmal kennenlernen kann, weil der etwas geschafft hat, was wir mit der Zeitung bis jetzt noch nicht geschafft haben: Nämlich in die Kiosket, in die Supermärkte reinzukommen. Ich habe zum ersten Mal tatsächlich im Rewe in Brandenburg gesehen, als mich dort aus der Zeitschriftenwand neben der Kasse auf einmal Ken Jebsen angeguckt hat. Und das zu einem Zeitpunkt, wo eine sehr große Diffamierungskampagne gegen den Kollegen da gelaufen wurde. Und das hat mich einfach sehr gefreut. Und das ist eine große Leistung, dass in dieser politischen Situation, diese neue Zeitung auch wirklich dahin zu bringen.

Das haben wir bis jetzt leider mit der Zeitung noch nicht geschafft, weil es da ein Nadelör gibt, die sogenannten Nationalvertriebe, die dafür sorgen, dass Zeitungen aus der Druckerei in die Kioske kommen und dann auch die nicht-verkauften Exemplare auch wieder zurückgebracht werden und abgerechnet werden und alles das. Das ist ein Nadelör, das haben wir bis jetzt noch nicht durchschreiten können. Wahrscheinlich werden wir klagen müssen, wenn es nicht anders geht. Aber das wollte ich nur mal sagen, dass ich das einfach sehr bewundernswert finde und auch jetzt sehr froh bin, dass wir uns einmal haben treffen können.

Zu der Frage "vierte Gewalt", da muss ich sagen, bin ich ehrlich gesagt gar nicht so sicher, ob diese Definition zutrifft, weil sie in irgendeiner Form beinhaltet, dass die Medien und die Information tatsächlich in irgendeiner Form eine staatstragende Funktion inne haben, also quasi dass sie eine Institution sind, die neben Exekutive, Judikative und Legislative dann noch die "Journalistikative"? - weiß ich nicht genau, ob diese Institutoin da wirklich gibt.

Wichtig ist eigentlich erstmal, meine ich, für die freie Presse, wo ich Quereinsteiger bin. - Ich habe zuvor, vor Corona habe ich als Theaterdramaturg gearbeitet und dann war für mich die Frage natürlich, wenn ich jetzt hier umsattle in einen neuen Beruf: Um was geht's hier eigentlich? Ich hatte da schon gemerkt mit meinem Kollegen Anselm Lenz gemeinsam, was in den allgemeinen Medienbetrieben hier verlautbart wird, sind einfach nur Regierungsmitteilungen. Und die anderen Stimmen, die kritischen Stimmen zur Regierung kommen einfach nirgendwo zu Wort.

Weswegen wir die Notwendigkeit einer anderen Zeitung dann auch gesehen haben. Und quasi bei meiner Fortbildung zum Journalismus bin ich dann zu dem Grundsatzurteil, das das Bundesverfassungsgericht in der sogenannten Spiegelaffäre damals gesprochen hatte, nämlich dass in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung, zu der ich mich ganz eindeutig bekenne mit dem Grundgesetz auf Seite 16 [im Demokratischen Widerstand] -, dass sich dort die freien Medien eben als privatwirtschaftliche Unternehmen präsentieren, die im Auftrag ihrer Leser dort Informationen geben und natürlich im Auftrag ihrer Leser um die Leserschaft buhlend auch dort so ihre Zeitung gestalten, dass sie eben ihre Leserschaft finden.

Also der Begriff "Wahrheit" taucht in dieser Definition auch erstmal gar nicht auf, sondern es geht darum, Informationen, Nachrichten zu Papier zu bringen, die die Menschen eben gerade interessieren. Und so [...] habe ich auf jeden Fall an dieser Zeitung mitgewirkt, weil klar war, dass hier ein großes Interesse da dran ist, an andere Informationen und an andere Stimmen auch heran zu kommen, die nicht in den Regierungsverlautbarungen da sind.

Was sich jetzt dadurch gebildet hat, auch mit der großen Vielzahl von Menschen, die nicht mehr an die Regierungsverlautbarungen glauben, ist, dass sich mittlerweile eine Medienlandschaft gebildet hat, die pluraler geworden ist. Wir haben im Laufe dieser Coronazeit neue Fernsehsender. wir haben im Jahr 2020 eine neue Wochenzeitung. Es gibt neue Magazine. Es gibt ganz viele neue Nachrichtenformate, die jetzt da sind, die ein Zeichen dafür sind, dass wirklich ein sehr großer Teil der Bevölkerung nicht mehr den althergebrachten Medien überhaupt glaubt.

Das bedeutet, dass die Medien eigentlich eine nachgeordnete Rolle darstelen. Also als erstes ist das Unwohlsein in der Bevölkerung da und die vielen Stimmen und dann kommen die Medienbetriebe, die das irgendwie auffangen und dann auch ihre Leserschaft da finden.

Soviel erstmal dazu.


03 (13:04) - Uwe Alschner:

Dankeschön. [...]
"Nachgeordnete Funktion", dass zunächst das Unwohlsein und Sie, Herr Gräser, haben gesagt: "Es ist ein Versagen der Medien." Ist das ein Widerspruch? Oder würden Sie, was Herr Sodenkamp gesagt haben. Ich würde ...